Netto-Null auf ARA
Liliane Vogt
Verfahrensingenieurin auf ARA
10. April 2025
Die oberste Priorität einer Abwasserreinigungsanlage (ARA) ist der Gewässerschutz. Im weiteren Sinn gehört für mich zum Gewässerschutz dazu, dass wir auch die Umwelt, in der sich das Gewässer befindet, schützen. Darum bin ich der Meinung, dass wir auf den ARAs auch an unsere Treibhausgasemissionen denken müssen und nicht nur an die Minimierung der Nähr- und Schadstoffe im Wasser. Ich denke, wenn wir heute die richtigen Schritte gehen, haben wir gute Chancen, bis 2050 Netto-Null auf den ARAs zu erreichen. Das heisst, dass wir bei der Reinigung unseres Abwassers nur so viel Treibhausgas ausstossen, wie wir auch wieder einfangen können.
Uns allen muss bewusst sein, dass wir Teil des Problems sind und wir als Wasserbranche Verantwortung übernehmen müssen. Lachgas- und Methanemissionen auf ARAs sind in der Vergangenheit oft unterschätzt worden. Auch heute sind die genauen Emissionen vieler Anlagen noch unbekannt. Die Variationen sind gross und die Prozesse dahinter sehr komplex. Wir müssen die Prozesse besser verstehen, die Emissionen gezielt messen und Strategien zur Reduktion entwickeln und umsetzen. Optimierungen in der Stickstoffelimination, Vermeidung von Methanleckagen und eine eigene, nachhaltige Stromproduktion sind wichtige Schritte.
Was ist denn meine Vision für 2050? Ich stelle mir Kläranlagen vor, die sich nicht nur auf die Gewässer fokussieren, sondern auch versuchen, ihre Treibhausgasemissionen zu minimieren. Emissionen werden gemessen, die Prozesse so gut verstanden und überwacht, dass möglichst kein Lachgas mehr produziert wird. Die unvermeidbaren Lachgas- und Methanquellen werden gefasst und am besten noch sinnvoll genutzt. In einem weiteren Schritt wird das CO₂ von konzentrierten Quellen mithilfe von Negativemissionstechnologien für die nächsten paar tausend Jahre stabilisiert. Als Verfahrensingenieurin auf einer ARA versuche ich, Prozesse unserer Anlage so weit wie möglich zu optimieren, setze mich für Veränderungen ein und versuche, das Bewusstsein für Netto-Null zu stärken. Die Forschung hat gezeigt, dass wir mit durchdachten Optimierungen die Treibhausgasemissionen senken und grosse Umbauten vermeiden können. Die Technologien sind da. Jetzt müssen wir noch das Bewusstsein schärfen und anfangen zu handeln. Netto-Null auf ARAs ist möglich – und ich bin zuversichtlich, dass wir in der Wasserbranche das Ziel bis 2050 erreichen werden.
zur Person

Liliane Vogt
Verfahrensingenieurin auf ARA
MSc in Umweltingenieurwissenschaften, ETH Zürich
Der ganzheitliche Blick auf den Umweltschutz ist für mich als Umweltingenieurin selbstverständlich. In meinem Beruf als Verfahrensingenieurin auf einer Abwasserreinigungsanlage stehen für mich sowohl der Gewässerschutz als auch ein nachhaltiger Anlagenbetrieb im Fokus.
Die Folgen des Klimawandels, wie schmelzende Gletscher und auftauender Permafrost, erfahre ich in meiner Freizeit in den Bergen hautnah. Sie bestärken mich in meinem Engagement für eine nachhaltige Zukunft.
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